Vorgehen bei streikenden Geräten:

Dass Netzteile so oft ausfallen, liegt daran, dass die Bauteile stark elektrisch und thermisch belastet werden und auch häufig von suboptimaler Qualität sind. Es fallen besonders die aus, die die meiste Last haben. Schauen wir doch einmal in so ein Netzteil hinein... (Frei nach Otto Waalkes)

Aber Warnung: Am Ladekondensator liegen im Betrieb ca. 330 V an. Das ist lebensgefährlich! Diese Spannung bleibt auch nach dem Ziehen des Netzsteckers noch längere Zeit erhalten, da der Ladekondensator nur langsam entladen wird. Die dicken Ladekondensatoren, die wirklich nicht zu übersehen sind, bitte vor dem Anfassen über einen Widerstand 1k, 5 W mit angelöteten Kabeln entladen. Widerstände mit geringerer Belastbarkeit bren­nen sofort ab. Wenn immer möglich arbeitet man nicht unter Spannung! [3]

Eine Sichtkontrolle ist stets die erste Maßnahme. Besonders bei externen Kleinnetzteilen haben sich oft größerer Bauteile losgerappelt, die Beinchen haben keinen Kontakt mehr zur Platine. Gerne tritt das beim Übertrager und den großen Kondensatoren auf. Nachlöten löst das Problem, auch prophylaktisch ausgeführt kann das nicht schaden.

Wenn das Netzteil schon elektrisch riecht, kann man Leichen meist visuell bereits ausmachen, aber nicht die Todesursache. Auch Elektrolyt­kondensatoren kann man gelegentlich ansehen, dass sie (bald) defekt sind. Wenn sich die Kappe des Kondensa­tors, dort wo das X ein geprägt ist, nach oben wölbt, ist dort reichlich Druck auf dem Kessel. Selbst wenn der noch funktioniert, er wird das nicht mehr lange tun. Der muss ausgetauscht werden!

Abb. 9 Aufgeblähte Kondensatoren

Auch wenn schon viel darüber geschrieben wurde, hier noch mal etwas zu Problemkondensatoren: Bleibt die Sicht­prüfung ohne Ergebnis, sollte man die Elektrolytkondensatoren als Hauptverdächtige betrachten. Die hohen Im­pulsströme und die Betriebstemperaturen stressen sie enorm. Das Datenblatt nennt oft nur eine Lebensdauer von wenigen 1000 Stunden. Die könnte man besser machen, das würde aber mehr kosten.

Dass man auch eingebaute Elektrolytkondensatoren testen kann hat DK9ZY in [4] beschrieben. Das Verfahren ist bei den "dicken" Kondensatoren im Netzteil durchweg anwendbar. Auch zur Kapazitätsmessung muss man Kon­densatoren mit hoher Kapazität meiner Erfahrung nach nicht immer ausbauen, ihr Innenwiderstand ist aufgrund der Messfrequenz klein genug gegenüber den anderen Bauteilen. Dioden in der Schaltung können eventuell eine Messung eingebauter Kondensatoren verhindern.

Ehe man zum Lötkolben greift, kann man probeweise mal das Netzteil mit einem Föhn erwärmen. Wenn man so dem Netzteil wieder für eine Weile Leben einhauchen kann, sind  Kondensators mit Elektrolytverlust sehr wahr­schein­lich die Fehlerursache.


Erheblichen Kapazitätsverlust kann man sicher dagegen nur nach dem Auslöten diagnostizieren. Der tritt auf, wenn das Elektrolyt eingetrocknet ist. Hat der Ladekondensator der Stromversorgung des Steuer-IC einen Kapa­zitäts­verlust, scheitert der Anlauf des Netzteils. Man findet den leicht auf der Netzseite des Netzteils, dort sind nicht so viele Elektrolytkondensatoren. Netzseite und Niederspannungsseite kann man meistens deutlich unter­scheiden, da sie einen sichtbaren „Sicherheitsabstand haben auf der Leiterplatte haben.

Abb. 10 Vereinfachtes Ersatzschaltbild eines Elkos

Aber auch mit Nennkapazität können Kondensatoren fehlerhaft sein, wenn sie einen zu großen ESR (Equivalent Series Resistance) haben. Anschaulich ist das der Widerstand, der durch das Elektrolyt und die Leitfähigkeit der Aluminiumfolie und Anschlüsse gebildet wird. Lade- und Entladestrom sorgen für einen Spannungsabfall an diesem Widerstand und erwärmen den Kondensator. Dadurch trocknet er weiter ein und das erhöht den ESR, usw. Man kann den ESR messen, mir ist kein gutes Gerät zu amateurfreundlichem Preis bekannt. Vertrauens­erweckend sind erst Geräte mit einem „Innenwiderstand“ jenseits von 250 €, die ich aber nicht besitze. Mit 3 günstigen Geräten habe ich Messwerte erhalten, die sich um mehr als eine Zehner­potenz unter­schieden. Man kann keine feste Grenze angeben, ab Kondensatoren „ok“ oder „nicht ok“ unter­scheiden kann. Falls man ein ESR-Messgerät nutzen kann, kann es zum Vergleich der Werte eines Prüflings mit einem anderen Bauteil nutzen. Von dem sollte man wissen, dass es in Ordnung ist. Die Ladekon­densatoren auf  der Sekundärsete soll­ten ein ESR von ganz deutlich kleiner 1 Ohm haben, primärseitig kann der Wert 1 Ohm auch überschreiten.

Als nächster Schritt sollte man ein Ohmmeter auf den offenen Netzeingang legen. Wenn man einen Widerstand von vielen Kiloohm oder mehr misst, ist das in Ordnung. Bei offenem Eingang lohnt ein Blick auf den Thermistor und die Sicherung, falls vorhanden. Habe schon mal einen Thermistor ohne Durchgang gefunden. Der Gleichrich­ter oder das Diodenquartett sind auch typische Fehlerquellen. Meistens sind dann Diodenstrecken durchlegiert und niederohmig, so dass dann auch die Sicherung auslöst. Hat man bis dahin keine Fehlerquelle gefunden, kann man das Ohmmeter polrichtig auf den Ladekondensator legen. Nach kurzer Aufladung muss man hier einen hohen Widerstand messen. Ist das nicht der Fall, ist der MOSFET Hauptverdächtiger. Der sollte, polrichtig ge­messen, zwischen Source und  Drain nichtleitend sein. Man kann zusätzlich alle "dicken" Dioden auf der Netzsei­te in der Schaltung auf Kurzschluss prüfen, das geht meistens auch eingebaut. Fehler auf der Sekundärseite treten nach meiner Erfahrung nicht so oft auf. Defekte haben dann wiederum der / die Ladekondensator(en) oder der Gleichrichter. Der ist oft eine Doppel-Schottky-Diode, um den Laststrom aufzuteilen. Hat das Netzteil mehrere Ausgangsspannungen, sind mehrere Sekundärwicklungen, Dioden und Ladekondensatoren verbaut., die man ebenso testet.