Vollentsalzung

Nein, das bezieht sich nicht auf Lebensmittel. Heute begegnet uns das in Verbindung mit Heizungswasser. Immer mehr Hersteller von Komponenten für Heizungen verlangen Heizung Wasser, das nach VDI 2035 vollentsalzt (demineralisiert) ist.

In jedem Wasser aus der Leitung sind in geringem Maße Salze enthalten, die dafür sorgen, dass in dem Wasser Ionen vorliegen. Die sorgen dafür das Wasser in geringem Maße elektrischen Strom leitet. Je mehr Salz drin ist desto stärker leitet es. Vielleicht erinnern wir uns noch an entsprechenden Versuch in der Schule. So wird der Mineralien- oder Salzgehalt häufig über die Leitfähigkeit des Wassers gemessen, die erhält die Maßeinheit Mikro-Siemens-pro-cm , kurz µS/cm. Muss man sich nicht unbedingt merken.

VDI 2035 schreibt „demineralisiertes Wasser mit einer Leitfähigkeit von weniger als 100 µS/cm“ vor. Das ist aber etwas, das es gar nicht gibt. Schauen wir auf https://de.wikipedia.org/wiki/Demineralisiertes_Wasser, so sehen wir, dass bei Werten von 1-50 µS/cm das Wasser "salzarm" heißt, im Bereich 0,1–1 µS/cm "reines Wasser" und  bei 0,055–0,1 µS/cm "hochreines Wasser".

Wie hoch die Leitfähigkeit unseres Leitungswassers ist, hängt von unserem Wasserversorger ab, bei uns sind es ca. 500 µS/cm. Die stammt in erster Linie vom "Kalk" im Wasser, den unsere Wasserversorger aus technischen Gründen in geringem Maße im Wasser haben wollen. Gehen wir aber nicht ins Detail.

Wer also Wasser mit einer Leitfähigkeit von knapp 100 µs/cm als vollentsalzt bezeichnet, ist ein Volltrottel oder er hat andere Absichten. Später mehr dazu.  Hinzu kommt, dass der Hersteller unserer Heizungsanlage einen pH-Wert zwischen 8,2 und 8,5 für das Heizungswasser verlangt.

Auch hier schauen wir nur einmal grob hin: Ein demineralisiertes Wasser enthält keine anorganischen Stoffe, die Ionen bilden können. Lassen wir organische Substanzen außen vor, so müsste der pH-Wert von demineralisiertem Wasser 7 sein, das Wasser müsste neutral sein.

Ist der pH-Wert größer, ist es eine (schwache) Lauge. Eine Lauge entsteht, wenn ein Metalloxid in Wasser gelöst wird. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Erinnern wir uns vielleicht an den Chemieunterricht: Ein winzige Stückchen Natrium in Wasser geworfen brannte sofort spektakulär beim Kontakt mit Wasser. Es entstand dabei eine schwache Natronlauge.

Wenn demineralisiertes Wasser einen pH-Wert größer 7 annimmt, wird es also schon oxidierte Metalle aus unserem Heizungssystem aufgenommen haben. Dabei wird immer behauptet, dass man Korrosion durch die Wasseraufbereitung verhindern will. Damit der Kunde auch schön gefügig ist, droht man ihm mit Garantieverlust, wenn die Werte nicht  stimmen. Bei den teuren Heizungssystem ist der Kunde dann bereit, sich auf fast alles einzulassen. Eine jährliche Wartung, bei der das Wasser gesegnet wird oder sonst ein Budenzauber damit angestellt wird. Alles Quatsch? Nein, so einfach ist das auch nicht.

Manche wasserführenden Kanäle im System sind sehr klein und dünn. Wenn hier Kalkablagerungen auftreten, ist das übel, da geht dann irgendwann nichts mehr durch. Ein anderes Problem ist Schlamm. Beim Befüllen der Anlage ist immer Luft im System, zum Teil ist im Wasser Luft gelöst. Ein Teil dieser Luft reagiert mit Metallen im Heizungssystem. Besonders geschieht das in alten Systemen, in denen "schwarzes Rohr", das ist ein unbehandeltes Stahlrohr, verbaut ist. Das Ergebnis ist ein Eisenoxid, das als Schlamm sich meistens irgendwo absetzt, aber in geringem Maße auch weitertransportiert wird. Wenn mal irgendwann ein Heizkörper abgebaut wird, erleben wir diesen Schlamm als "schwarzes Wasser", das als letztes aus dem Heizkörper herausläuft. Der Schlamm ist nicht mehr ferromagnetisch, d.h. er wird nicht mehr vom Magneten angezogen. Aber er setzt sich in kleinen kann Kanälen fest.

Es gibt es auch immer winzige Eisenspänchen, die im Heizungskreislauf mitgeführt werden. Moderne Heizungspumpen haben bauartbedingt starke Magneten in ihrem Innenleben. Die bieten diesen Eisenteilchen leider eine dauerhafte Heimat an und fallen so nach kurzer Betriebszeit aus. Deshalb sind Schlamm- und Magnetabscheider bei einer Heizungsrenovierung praktisch unverzichtbar. Allerdings sollte man keine Wunder davon erwarten. Wenn man einmal in den Heizungskreislauf ein Filter einbaut, wird man bereits nach wenigen Stunden Partikel finden, die hier aufgehalten wurden.

Man könnte auf die Idee kommen, dauerhaft ein Filter einzubauen. Nicht einmal unsere Heizungspäpste predigen das. Sie wissen genau, dass so ein Filter kaum eine Chance hätte einer Heizungssaison ohne Pflege bzw. Austausch zu überstehen. Es ist also wohl beseer, immer das nötige Augenmaß zu behalten.